Entwicklung der Runen im Hinblick auf die Geschlechter
(Eine Hausarbeit zur Vorlesung "Symbol und System" von Christine von Braun, erstellt von Irene Labner 1999)
Vorwort
Ich habe lange über mein Thema zu dieser Hausarbeit nachgedacht, vor allem da in der Vorlesung, welche ich dazu besucht habe, zwar die Entwicklung der Schrift in Bezug zur Entwicklung der Geschlechterverhältnisse in unserer Gesellschaft besprochen wurde, das Runenalphabet dabei jedoch nicht damit in Verbindung gesetzt wurde.
Trotz alledem baue ich meine Abhandlung zum Thema ´Symbol und Geschlechterrollen´ mit Absicht auf mein, möglicherweise noch laienhaftes Wissen über die Runen auf, da ich der Ansicht bin, daß die Runen, egal ob man sie als Ideogramme oder als Buchstabenalphabet betrachtet, große Bedeutung als Medium in unserer europäischen, über Jahrhunderte, wenn nicht gar über Jahrtausende gewachsenen Kultur haben.
Ich habe mich mit diversen Büchern über Runen beschäftigt, vor allem Harry Radegeis´ Thesen („Runen im Leben der Völker“) fand ich bei meinem Literaturstudium besonders interessant. Seine Thesen besagen zum einen, daß die Runen älter seien als jede andere Schriftsprache und sie seien daher ein möglicher Ursprung aller anderen Schriften, zum anderen nimmt er an, daß ein hochentwickeltes Seefahrervolk (Atlanter) die Ursymbole wie zum Beispiel die runischen Heilszeichen in fast alle Kulturen der Welt getragen haben und dies über eine Zeitspanne von Jahrtausenden hinweg, noch vor der Zeit der Völkerwanderungen.
Natürlich widersetzen sich diese Thesen der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung und es liegt auch nicht an mir, nun noch eine von zigtausenden Atlantisspekulationen aufzustellen,
nebenbei bewegt sich dieser Arier-Thule-Mythos schon gefährlich nahe an den Thesen der rechten Thulegesellschaft, von denen ich Abstand nehmen möchte.
Mir liegt mehr daran der ursprünglichen Bedeutung von Runensymbolen auf den Grund zu gehen um anhand dessen Schlußfolgerungen auf einen Wandel der Geschlechterrollen, der sich bis herauf in unsere Zeit zieht, aufzustellen. Radegeis hat sehr detailliert beschrieben, wie die Rune selbst von einem Symbol, das schon für sich alleinestehend mehrere Bedeutungen innehat, mutiert zu einem Buchstaben, der nur Bedeutung erlangt, wenn er mit anderen zu einem Wort zusammengesetzt wird.
Auch Jan Fries, der das Alter der Runen im Sinne von Ideogrammen bis in die Steinzeit zurückdatiert, ist der Ansicht, daß die Runen älter als Schriftzeichen sind.
Erst in nachchristlicher Zeit verloren die einzelnen Symbole an tieferer Bedeutung und mutierten zu einem Gebrauchsalphabet.
Aber Bedeutungen und Sinngehalte gehen ja nicht nur verloren, woanders tauchen ja immer wieder neue auf und so wird es für mich nun sehr spannend, wenn ich mich nun an mein Werk wage. Das Ziel meiner Arbeit ist es Auffälligkeiten und Ähnlichkeiten bei Symbolen zu finden, diese wiederum mit religiösen Kulten der Vergangenheit und alten Mythen diverser europäischer Völker in Beziehung zu setzen um anhanddessen Hinweise auf die damals und heute herrschenden Geschlechtervorstellungen herauszuarbeiten. Ich denke, daß ich in gerade in diesem Bereich auf einige Überraschungen stoßen werde, da die Archetypen (Helden, Göttervorstellungen, ...) immer einerseits Auswüchse einer Gesellschaft sind, doch andererseits beeinflussen sie auch die Weiterentwicklung der darauffolgenden Gesellschaften (d.h.: Inwiefern prägten die Götter und Helden der Mythologie die Vorstellungen über die Geschlechter, welchen Einfluß hatte darauf die Christianisierung zB.Hexenverfolgung, etc. und zuguterletzt - wie steht es heute mit den Rambos, Schwarzeneggern, Karatetigern und Pamela Andersons in unserer Fernseh- und Computergesellschaft?).
„Die wirklich von der Magie des Mythischen erfüllten Dichtungen erinnern nicht an Gelesenes, sondern an Geträumtes. Hier ist die Schwelle, wo das Heute sich mit dem vor Jahrhunderten Gewesenen berührt. In unseren Träumen finden wir jene von der Logik entbundene Welt der Assoziationen und der Symbole wieder, aus welcher einst Sagen und Märchen aller Völker entstanden sind.“ ( Hermann Hesse)
1. Runen als Medium am Beispiel der Rune „FA“
Der Buchstabe...Buch-stabe...ein Hinweis darauf welche Bedeutung die in Buchenstäbe geritzten Runen bis heute auf unsere Schrift und Sprache haben?
Die Rune FA,oder auch FE, FEO, FIK ist der erste Buchstabe des Futhork (auch Futhark), des Runenalphabets, das ursprünglich aus 18 Symbolen (sogenanntes Ur-Futhork) bestand, jedoch später auf 24 Symbole erweitert wurde.( Es gibt aber auch noch andere, lokal begrenzte Runenalphabete mit zB. 16, 26,..Zeichen; diese erlangten jedoch nie so weite Verbreitung.)
Harry Radegeis bezieht sich in seinem Buch „Runen im Leben der Völker“ immer wieder auf Funde in Südfrankreich (Glozel), welche bis zu 17.000 Jahre alt seien. Doch im Laufe der Jahrtausende wandelte sich natürlich das Aussehen und vor allem die Bedeutung der Runen.
Ursprünglich nur in Fels geritzt (und darauf gezeichnet) wurden sie später auch in Holz geritzt, wobei Buchenholz bevorzugt wurde. Diese Buchenstäbe dienten vor allem zu Orakelzwecken und es waren auch nur die eingeweihten Priester (Druiden) in der Lage sie zu deuten.
Daraus wird ersichtlich, daß Runen zuallererst nicht dazu dienten Prosa oder Lyrik niederzuschreiben, sondern sie hatten einen Symbolgehalt, der Auskunft über Zukünftiges geben sollte (Runenorakel) bzw. sie sollten vor ungeliebten Ereignissen schützen oder Glück bringen. Daher bezog sich auch ihre jeweilige Bedeutung auf Vergangenes (Urda), Gegenwärtiges (Werdandi) oder Zukünftiges (Skuld) - in der nordischen Mythologie sind dies die drei Nornen, welche das Schicksal spinnen.
Am Beispiel FA: Urda...........................................fator (Zeugung)
Werdandi...................................Vater, Fackel
Skuld.........................................Ferkel, fasten, faseln
Hierbei möchte ich noch weitere zugehörige Begriffe anführen, die bis heute teilweise in unserem Sprachgebrauch zu finden sind:
Fa-Thor (Zeuger-Gott), engl. Fa-ther (Vater), fasten, fasen (zeugen...Fas-nacht, Fasching),
Va-runa( Varuna...indischer Weltgott), Fa-brik (etwas machen/ tun...ital. fare, franz. faire),
Fa- milie, Fest, Vieh, wachsen, Volk, war (engl. Krieg), Fatum (Schicksal), first ( engl. Erster, hier sei angemerkt, Fa ist der erste Buchstabe im Futhork, dessen Zahlenwert auch Eins entspricht), free/ frei, Gott Fro/ Freya, veritas (Wahrheit), etc...
Erst später, als im römischen Reich schon längst die lateinische Sprache verwendet wurde, erfuhren auch die Runen eine Wandelung. Ursprünglich waren sie wohl eine Art Symbolschrift, die im übrigen nicht nur von den nordischen Völkern verwendet wurde ( man fand identische Symbole in vielen Kulturen über den gesamten Globus verteilt) - wahrscheinlich repräsentierten sie so etwas ähnliches wie archetypische Zeichen, die dazu dienten Dinge abzubilden bzw. als Glücks- und Schutzzeichen zu fingieren. Ich wage gar zu behaupten, daß ihr allererster Ursprung im kollektiven Unterbewußtsein zu finden ist:
Bsp. Mandalas...Ähnlichkeit mit indianischen Sonnen-,Medizinrädern, aber auch mit altnordischen Sonnensymbolen ( Sonnenrad -keltisches Kreuz, durch Christianisierung Veränderung des ursprünglichen Sinngehaltes)
Zu einem Teil war sicher der römische Einfluß Grund dafür, daß die Runen immer mehr die ursprüngliche Bedeutung verloren. Auch wenn das gemeine Volk nicht in die Geheimnisse der Runen eingeweiht war, so war es zumindest vertraut mit den Zeichen.
Die Griechen und Römer hatten schon längst herausgefunden, wie praktisch das geschriebene Wort war, einerseits zum Vereinheitlichen der Gesetze, zum anderen zum Festhalten politisch wichtiger Dinge. Wäre es den Römern gelungen, ein so großes Reich zu errichten ohne eine einheitliche Schriftsprache? Wahrscheinlich nicht - Botschaften an die entferntesten Provinzen mußten verschickt werden, Berichte über Wirtschaft, Steuereinnahmen etc.mußten niedergeschrieben werden, neue Eliten mußten ausgebildet werden...
Gerade in nachchristlicher Zeit gab es eine plötzliche Zunahme in der Verwendung der Runen, die dann im Mittelalter langsam von Süden in Richtung Norden wieder verebbte.
Unzählige Funde von Runensteinen vor allem im nördlicheren Europa zeugen davon, daß die Runen nun nicht mehr als komplexe, geheime Symbole dienten, sondern einen neuen Zweck erfüllten. Das Runenalphabet wurde von nun an ein Mittel um Sachverhalte zu erzählen
( Der Krieger So-und-so starb bei der Schlacht X - er war ein ehrenhafter Mann; Dieser Stein wurde geritzt von So-und-so zu Ehren des Kriegers X, der in der Schlacht Y sein Leben ließ)
und somit wurden die Runen auch für eine breitere Masse zugänglich - sie wurden zu einem Medium, vor allem in jenen Regionen, die weder durch die Römer, noch durch die Christen zu stark beeinflußt waren. Bischof Wulfila verfasste eine Abschrift der Bibel in runischer Schrift, möglicherweise um lateinunkundigen Heiden das Christentum besser näherbringen zu können.
In diesem Kontext interessiert es nicht, ob das griechische Alphabet oder ein anderes älter ist als die Runen, denn diese waren schon längst da, als die Kelten, Germanen etc.zum ersten Mal ein Schriftstück einer anderen Kultur sahen,nur kann man sie in ihrer ursprünglichen Form nicht als eine Schriftsprache, sondern nur als eine Zeichensprache ( Piktogramme..) erfassen.
Was jedoch besonders brisant ist, ist die Ähnlichkeit die unter den verschiedenen Schriften herrscht. Was die Entwicklung des griechischen Buchstaben ALPHA betrifft, so findet sich in eine ähnliche These in Bezug zur Rune FA, welche auch oft ein wenig umgeändert zu finden ist :
FA fech, feo Viehbesitz Freya
Aufällig dabei: ALPHA....All- FA-thor (Allvater....Anfang/Ursrung), jedoch steht das griech.
Alpha für den Buchstaben A, wobei dem Buchstaben A im Runenalphabet das weibliche OS ( = Ansuz; das Empfangende, Mutter, Ase, Esche, Ostara(Fest)....Os=Mund=Mondo=Erde, tar=zeugen...Ostar=Erdzeugung, Ostern, Odem - Atem, Ost..) entspricht. Jedoch ist Alpha der erste Buchstabe des griechischen Alphabetes und FA der erste des Runenalphabetes.
ALPHABET.........All-FA(ter)-(ge)-bet
Ich sehe dies ernstlich als einen Hinweis darauf wie das mütterlich-weibliche Gottheitsprinzip an Bedeutung verlor und ersetzt wurde durch das väterlich-männliche Prinzip, darum heißt es auch nicht All-Mutter, sondern All-Vater. Auch fand hier eine Wende im Glauben von der Erde gen Himmel hin statt; war es ursprünglich Mutter Erde, welche den Menschen Fruchtbarkeit brachte, so wandte man sich schließlich von ihr ab um dem männlichen Samen zu huldigen, welcher die Erde befruchtet, obwohl das männliche Prinzip doch ursprünglich dem Winter zugeordnet war. Doch ´il sole´ ( „der“ Sonne - Sonnengott) strahlt eben doch heller als ´la luna´ ( „die“ Mond-göttin). Hier verweise ich auf die Artikel, die der Sonne, welche in der deutschen Sprache weiblich ist, in der italienischen Sprache (aber auch im Französischen) das männliche Geschlecht zuweisen, beim Mond verhält es sich genau umgekehrt...ein Überrest alter Göttervorstellungen? Im Englischen hat man hier einen Kompromiß gefunden-der sächliche Artikel beweist hier die Sach-lichkeit dieser Sprache.
Die Hinwendung zum Himmlischen gipfelt schlußendlich im Christentum, dessen Gott das Treiben auf der sündigen Erde vom Himmel aus beobachtet. Um ihn zu erreichen, reicht es nicht aus in der freien Natur seine Schöpfung zu preisen, denn im Laufe der Jahrhunderte kam es regelrecht zu einem Wettstreit, welche Stadt den höchsten Kirchturm hat, wohl damit Gott ihn von da oben besser erkennen mag und eine bessere Verbindung zum himmlischen Vater entstehen möge.
2. Denkanstösse aus dem Bereich des Mythologischen
Um die Rollen der Geschlechter in alten religiösen Vorstellungen zu definieren, muß man erst einmal das Wirrwarr der heidnischen Götterpantheons durchleuchten. Egal, ob man sich keltische, germanische, römische, griechische oder sonstige alteuropäische Mythen zu Gemüte führt, man hat dabei ständig das Gefühl schon einmal woanders auf den einen oder anderen Gott gestossen zu sein, nur hatte dieser zuvor einen anderen Namen. Das liegt daran, daß in den polytheistischen Religionen des alten europäischen Kontinentes ( aber auch im Rest der Welt) ähnliche Göttervorstellungen herrschten; so findet man fast überall einen Gott des Krieges, eine Muttergöttin, einen Sonnengott, etc.. Diese trugen natürlich in jeder Kultur einen anderen Namen, daher blicken wir nun einmal auf ein paar Beispiele (man darf die in eine Gruppe zusammengefaßten Götter nicht gleich- bzw. namentlich übersetzen, allerdings nach Parallelen gliedern).
Inhalt der Verehrung Griechisch Römisch Keltisch Germanisch-Nordisch
Vater/SchöpferHimmel Zeus Uranos Jupiter Dagda (irisch)Esus (gall.)Nuada (irisch)Ogma (irisch)TaranisTeutates (gall.) Odin/Wotan(verdrängte Tyr)
Mutter/Erde Hera (w.)Dione (w.)Gaia (Mutter Erde) (w.) Isis (ägypt.) (w.)Kybele (w.)Tellus (w.)(TerraMater-altitalisch) Ana (=Dana)(w.)(Mutter Erde)Brigit (irisch)(w.)Fotla (irisch)(w.)3 Macha (w.)Rhiannon (w.)Epona (w.) Fjörgyn/Jörd(w.) (Mutter Erde)Frigg(w.)
Geburt Eileithyia (w.) Juno (w.)
Jungfrau Hestia (auch G. des Herdes)(w.) Vesta (w.) Brigit (w.) Gefjon (w.)
Schönheit/Liebe Aphrodite (w.)Eros Eros (vgl.Amor)3 Grazien (w.)Venus (w.) Brânwen (w.)
Bote/Wanderer Hermes Hermod
Mond Selene (w.) Diana (w.) Sirona (w.) Mani-Bruder der Sonne
Sonne HyperionHelios MithrasSol (vgl.Helios) (Mog Ruith) Sol-Schwester des Mondes (w.)
Jagd Artemis (w.) Diana (w.)(vgl.Artemis) Abnoba (w.)Arduinna (w.)Artio (w.) HönirUllr
Fruchtbarkeit Demeter (w.)Adonis(Vegetation) Adonis (griech.)Atargatis (syr.)(w.)Buona Dea (Fauna)(w.)Ceres(w.)Faunus Brânwen (w.)CernunnosMedb (w.)Sirona (w.)(gall.) die Disen (w.)Freyr/FroFreyja (w.)Nerthus (w.)
Sühne Appollon Andraste (w.)
Gerechtigkeit Dike (w.) Forseti
Unterwelt/Tod HadesThanatos Anubis (ägypt.)Dis pater (vgl.Hades) CernunnosDonn (irisch)ManannânPwyll Hel (w.)
Rausch/Ekstase Dionysos Bacchus(vgl.Dionysos)
Frieden Eirene (w.) Concordia (w.)
Krieg Athena (w.)Ares Bellona (w.)(Duellona)Mars Andarte (w.)Badb (w.)(irisch)Camulos/Teutates/Caturix (Mars)Lug/LugusMidirMorrigan (w.)Nemain/Neme-tona (w.)Nét (irisch) Tyr/Tiwaz(u.a. auch Odin)
Licht/Reinheit Appollon Belenus (vgl.Appollon) Baldur
Donner/Blitz Zeus Thor/Donar
Wasser/Meer Poseidon Neptunus Arausio (Quell-gott)Llyr (Meer)Manannân ÄgirNjördRan (w.)
Unheil Ate (w.) 3 Morrigu (w.)(siehe Morrigan)
Schicksal 3 Moiren (w.)Tyche (w.) 3 Nornen (w.)....Urd/Ver-dandi/Skuld
Sieg Viktoria (w.)
Ackerbau Saturnus
Schmiedekunst/Feuer Hephaistos Vulcanus Goibnu (irisch)Govannon(wal.) Loki (Feuer,Zwietracht)
Handel Mercurius Avernorix/Adsmerius/Artaios/Be-ladonnis(vgl.Mercurius) Avernorix/Ads-merius/Artaios/Beladonnis/Livi-cus..(Mercurius)
Wissen/Künste/Heilkunst Athena (w.)AppollonAsklepios Aesculapius(griech.) Appollo (griech.) Appollo (röm.griech.)Brân (Musik)Gwydyon Bragi (Dichtung)Eir (w.)(Heilk.)
Zur Erklärung der eingeklammerten Zusätze:
(w.)......kennzeichnet alle weiblichen Gottheiten
griech.....übernommen aus der griechischen Mythologie
ägypt.......übernommen aus der ägyptischen Mythologie
röm.........übernommen aus der römischen Mythologie
irisch.......Verbreitung in Irland, irische Bezeichnung
wal..........Walisische Bezeichnung
gall..........Verbreitung in Gallien, gallische Bezeichnung
Die vorangehende Tabelle soll einen Überblick über antike Göttervorstellungen vermitteln, weiters wird daraus ersichtlich, daß in diesen alten religiösen Vorstellungen die Göttinnen ein weites Spektrum an Aufgaben hatten und ihnen allgemeine Verehrung zuteil wurde.
Natürlich kann man daraus nicht die damals gegebene Rollenverteilung der Geschlechter ablesen, jedoch weiß man beispielsweise von den Kelten, daß nicht nur Männer Priester (Druiden) werden konnten, sondern auch Frauen durften eigenen Zirkeln von Priesterinnen beitreten, was im Volk als eine hochgeschätzte Aufgabe galt, da auch sie bei Zeremonien orakeln durften, nebenbei fungierten sie als Heilkundige und Geburtshelferinnen.
Aber auch in politischen Belangen hatten die Frauen eine wichtige Rolle, wie es die Überlieferung der keltischen Icener-Königin Boudicca beweist.
Bei den Wikingern hatten die Frauen eine ganz eigene Stellung inne. Ihr „Hoheitsbereich“ erstreckte sich zwar hauptsächlich auf Haus und Hof, allerdings hatten sie das Recht, sich scheiden zu lassen. Kräuterkundige, weise Frauen genossen ebenfalls in weiten Teilen Mittel- und Nordeuropas einen guten Ruf; erst mit dem Aufblühen des Christentums wurden sie als Ketzerinnen abgetan und später sogar als Hexen verfolgt und umgebracht.
Aber gehen wir noch einige Jahrtausende zurück in die Steinzeit:
Man fand aus dieser Zeit viele menschliche Statuetten, welche fast durchwegs Frauengestalten (bzw.Vulven)darstellen, z.B.Venus von Willendorf. Ist dies ein Hinweis darauf, daß in jenen Gesellschaften eine Fruchtbarkeitsgöttin verehrt wurde? Die meisten Wissenschafter sind der Meinung, daß es damals einen solchen Kult gegeben hat. Erst mit der Zeit haben männliche Gottheiten an Bedeutung gewonnen. Gründe dafür sind möglicherweise eine Zunahme von Territorialkämpfen, welche es für die Menschen nötig machten zu einem kriegerischen, männlichen Gott um Beistand zu bitten, der bis dahin in den herrschenden religiösen Vorstellungen ein Schattendasein führte. Mit der Zeit konnte er dann seinen fixen Platz als Gegengewicht zur ( sich selbstregenerierenden) Mutter Erde halten, außerdem braucht es ja zur Zeugung neuen Lebens auch immer ein männliches Prinzip, was ihm seine Existenzberechtigung gibt.
Seit es Menschen gibt, gibt es auch Polaritäten:
Mann-Frau, stark-schwach, aktiv-passiv, Geburt-Tod, ...-diese gegensätzlichen Prinzipien wurden auch auf Glaubensvorstellungen übertragen, um ihnen Begrifflichkeit zukommen zu lassen.
Jedenfalls kam den männlichen Gottheiten immer mehr Bedeutung zu, das ersieht man auch anhand von Funden, welche in zunehmenden Maße männliche Figuren darstellten.
Oder waren diese steinzeitlichen Künstler einfach nur Kunstliebhaber, sodaß es zuvor eben einfach Mode war Frauenakte darzustellen? Wahrscheinlich nicht, denn in jenen Kulturen fertigte man offensichtlich Götterbildnisse als Schutz vor Bösem, sowie zur Huldigung der Göttin/ des Gottes (so wie man im Christentum das Kreuz als Symbol eines gesichtslosen Gottes anbringt).
Es wird mitunter vermutet, daß der Kult um die Sonne aus dem orientalischen Raum ins keltische Europa kam und in den bestehenden Kult um die Mondgöttin integriert wurde, doch dies ist wohl eher eine Vermutung, da es ja schon zuvor ein Gegenstück zur Muttergöttin zumindest in irgendeiner, nebensächlichen Form gegeben haben muß. Es gibt auch keine Beweise dafür, daß im steinzeitlichen Europa ein Matriarchat herrschte. Glaubhaft ist jedoch, daß der Frau in jener Zeit eine besondere Rolle als Trägerin der Fruchtbarkeit zukam.
Ab dem späten Neolithikum gibt es vermehrt jene männlichen Darstellungen. Es gibt inzwischen unzählige Funde, bei denen sogar nur der männliche Penis dargestellt wurde, man könnte ab der Bronzezeit gar von einem regelrechten Phalluskult sprechen. Der männliche Penis sollte Schutz vor bösen Mächten, sowie Fruchtbarkeit bringen. Wahrscheinlich kam erst in dieser Zeit ein Verständnis auf, welchen Teil der Mann bei der Zeugung beitrug. In vielen Kulten in Europa erlangte somit der Mann einen immer größeren Stellenwert im religiösen Verständnis der Menschen. Bei Festzeremonien wurden Holzphallen in Prozessionen mitgetragen, junge Paare berührten Steinphallen um mit Fruchtbarkeit gesegnet zu werden,
man fertigte Amulette in Penisform zur Abwehr des „Bösen Blickes“(z.B.Italien) und schnitze Phallen in Hauswände, etc...
Man kann allein aus der häufigen Darstellung des männlichen Gliedes erahnen, welche Rolle nun auf den Mann im sozialen Zusammenleben zukam. Er war sich im Klaren, daß sein „Blut“ sich nun durch den Geschlechtsakt zu Nachkommen weiterentwickelte. Die Genealogie gipfelte darin, daß der Mann seine Frau nicht nur vor anderen schützen mußte, sondern er mußte sie gar vor anderen wegsperren (vgl. Frühmittelalter- Aufenthalt der Frau in einer eigenen Kemenate). Gesetze, welche den Ehebruch (meist nur den der Frau) bestrafen wurden in allen Kulturen erlassen. Frauen, welche Ehebruch begingen durften verstossen, ausgepeitscht, in manchen Gegenden gar getötet werden, da sie ja mit dem „Blut“ eines anderen Mannes die Familie unrein machten. Beim Mann ist Ehebruch immer kulanter behandelt worden, da bei ihm ja nicht die Gefahr bestand einen Bastard in die Familie zu gebären, falls er einer fremden Frau ein Kind zeugte belastete ihn dies in den meisten Fällen nicht weiter ( außerdem gab es ja dazumal noch keine Vaterschaftstests).
So waren denn die Weiber Wurzel allen Übels. Diese Einstellung wurde mit dem aufkeimenden Christentum nicht besser, eher noch gestrenger. Frauen durften keine religiösen Ämter mehr innehaben, sie galten als Übelbringerinnen, sofern sie nicht den Status einer Adeligen hatten. Vermutlich ist ein Grund dafür die Geschichte von Adam und der Verführerin Eva, ein anderer ist der, daß die Menstruation der Frauen als unrein galt (eine Strafe Gottes?).
Im Christentum mußte Maria Jungfrau sein, um Gottes Sohn zu gebären, wie sonst hätten die Gläubigen die Garantie, daß Jesus auch wirklich Gottes Sohn ist und nicht der eines Sterblichen.
Welche Auswirkungen das Christentum auf die ohnehin schon abergläubischen Heiden Europas hatte, wird im nächsten Kapitel versucht darzustellen.
3. Religiöse Feiertage im Wandel, Aberglaube und Hexenverfolgung
Um darzustellen, welchem Wandel die alten, heidnischen Bräuche unterlagen, müssen wir erst einmal klären, welche Feste bei den frühen Stämmen den Jahresablauf prägten und welche Funktion sie hatten.
Die wichtigsten Feste bei den Kelten waren neben den Sonnwendfeiern folgende:
Samhain, am 1. November, bei welchem der fruchtbare Sommer dem rauhen Winter weichen mußte. An diesem Tag öffneten sich die Tore zu der Welt der Geister und Dämonen, welche zu dieser Gelegenheit beschwichtigt werden sollten. Auch mußten sich an jenem Tag der Stammesgott (oft in Gestalt des gehörnten Gottes zB. Cernunnos) und die Erdmutter (in einer der Gestalten der dreiheitlichen Muttergottheit) vereinen, damit die Natur nach dem Winter wieder fruchtbar ist. Rituell wurde dies mit einer heiligen Hochzeit vollzogen, bei der ein König oder Priester sich mit einer Priesterin sexuell vereinigte. Der Winter wurde meist mit einem gehörnten, männlichen Gott identifiziert, manchmal jedoch auch mit Cailleach, der Herrin des Totenreiches.
Überlieferungen erzählen auch davon, daß es bisweilen sogar Menschenopfer (meist junge Männer bzw. junge Priester) gegeben haben soll- dem „Winterkönig“ soll jedoch von seiten des Volkes hohe Anerkennung entgegen gekommen sein.(Es gab auch einen Kult rund um Menschenschädel)
Allerdings wurden diese Menschenopfer von den römischen Besatzern verboten, wodurch diese ihre Riten etwas anders gestalten mußten.
Imbolc (Oimelc), am 1. Februar, welches der Göttin Brigit geweiht war. Nach den ersten Härten des Winters wurden rituelle Reinigungen und Pferderennen veranstaltet. Brigit ist eine dreigestaltige Göttin, welche Jungfrau, Mutter und weise Alte gleichermaßen repräsentiert. An Imbolc wurde der Jungfrau gedankt, da das Jahr zu diesem Zeitpunkt noch „jungfräulich“ war, während es ab dem Frühling zur „Mutter“ wurde.
Beltane, am 1.Mai, wurde mit großen Freudenfeuern gefeiert. Die Vieherden wurden wieder ins Freie getrieben, außerdem trieb man sie zwischen den Feuern hindurch um ihnen den Winter auszutreiben. An diesem Tag begann offiziell wieder das Halbjahr der fruchtbaren Muttergöttin, der Sommer. Die Menschen konnten wieder ausgelassen sein, es wurden Maibäume zu Ehren der Göttin errichtet (vgl. Baum als Fruchtbarkeits-, Phallussymbol).
Lugnasad, am 1.August, war dem Gott Lug geweiht. Dieses Fest wurde mit Märkten, Spielen und Versammlungen gefeiert und hatte den Zweck eines Erntedanktfestes. Lug hatte dieses Fest dem Mythos nach zu Ehren seiner Pflegemutter Tailtiu einführen lassen. An diesem Tag war es sogar möglich befristete Ehen zu begehen, möglicherweise um so zeremoniell in einer sexuellen Verbindung der Göttin zu danken.
Diese Feste des Jahreslaufes symbolisieren auch den Glauben der keltischen Bevölkerung Europas: Samhain zu Ehren des gehörnten Wintergottes, welcher die Aufgabe hatte, die Erdmutter für den darauffolgenden Sommer fruchtbar zu machen, die anderen Feste waren zu Ehren der dreigestaltigen Göttin, Imbolc zu Ehren der Jungfrau, Beltane zu Ehren der Mutter und Lugnasad, welches den Herbst einläutet zu Ehren Lugs Ziehmutter Tailtiu, welche die weise Alte repräsentiert.
Durch die Römer wurden die Bräuche der Kelten schon etwas eingeengt, allerdings waren die Römer tolerant im Vergleich zu den nachfolgenden christlichen Missionaren. Es war einfach für die Christen die keltischen und germanischen Könige zu missionieren, welche dann mit ihrem gesamten Volk zum Christentum konvertierten. Im Volk selbst wurden jedoch die alten Bräuche weiterzelebriert, was die Kirchenväter zur Weißglut trieb. Alle Verbote nützten nichts, also begannen sie die heidnische Elemente in christliche Riten zu integrieren. Im Süden Europas war es für die Christen insofern einfacher, da die Römer beispielsweise schon seit Jahrhunderten fremden Kulten (zB.griech. Apollon-röm.Apollo) anhingen. Die Römer liebten das Exotische und nach anfänglicher Ablehnung (Christentum sei eine zu ´weiche´ Religion) konnten sich die Christen in Rom etablieren.
Was wurde aus den alten Festen? Es war überraschend, festzustellen, daß diese Bräuche immer noch lebendig sind. Am Beispiel Tirol, mit seinem umfangreichen Brauchtum, soll gezeigt werden, wie die alten heidnischen Feste in christianisierter Form überlebt haben.
Dabei werden wir auch auf Aberglauben, wie beispielweise den Hexenwahn treffen, welcher eine Verkahlung alter Symbole in sich birgt.
Samhain transformierte zu Allerheiligen/Allerseelen, welches 835 in Deutschland zu Ehren aller Märtyrer eingeführt wurde. Auch im Christentum glaubt man, daß an jenen Tagen die Geister der Toten wieder auf Erden wandeln. In Nordamerika feiern die Kinder heute noch Halloween, an dem statt den ursprünglichen Menschenschädeln nun Kürbisköpfe symbolisch umhergetragenwerden.
Zurück von Amerika nach Tirol: Es gibt zu Allerheiligen verschiedenste Bräuche, die nach Regionen, oft sogar von Dorf zu Dorf variieren. Es gibt das Toteneinläuten, welches den Seelen im Fegefeuer gestattet in die Seligkeit hinüberzugehen, weiters gibt es überall in Tirol ein Festmahl, das in der Nacht von Allerheiligen auf Allerseelen nicht vom Tisch aberäumt werden durfte, da die Verstorbenen noch daran teilhaben sollten und in einigen Gegenden gab
und gibt es das sogenannte Krapfenschnappen, das an das amerikanische Halloween erinnert.
Die Kinder verkleiden sich als ´Matschgerer´ mit Tiermasken und Fellen und gehen von Haus zu Haus um Krapfen zu erbitten. In anderen Dörfern gibt es einen ähnlichen Brauch- die Kinder des Ortes tragen lange Stangen mit sich, auf denen hölzerne Schafs- oder Ziegenköpfe
sitzen, welche durch eine Schnur ihr Unterkiefer bewegen können. Mit diesen Krapfenschnappern ziehen sie durchs Dorf. (Die „Habergeiß“ ist anscheinend ein Symbol der heidnischen Totengöttin Perchta und der Krapfen steht dem menschlichen Herzen nahe.)
In Nord- und Südtirol gab es den Brauch eine Totenbahre in der Allerseelennacht dreimal um die Kirche zu ziehen um Wünsche zu äußern. Dabei wurde mit einer Rute auf die Bahre eingeschlagen um die Geister von der Beahre zu verscheuchen. Gelang dies nicht vor zwölf Uhr Mitternacht, so würden die Leute von den Geistern zerrissen.
Ursprünglich legte man auch die Opferspeisen zu den Gräbern am Friedhof, dies wurde allerdings von der Kirche untersagt, also führte man es zu Hause aus. Der Allerseelentag gilt als Unglückstag, während der Allerheiligentag ein Festtag ist.Gewisse Tätigkeiten durften an Allerseelen nicht ausgeführt werden, denn das hätte Unglück mit sich gebracht.
Anstelle von Imbolc feiert man in Tirol, wie auch in den meisten katholischen Ländern Europas ´Lichtmeß´. An diesem Tag beginnt traditionell das Arbeitsjahr der Bauern und er gilt als ein Lostag.z.B.: Bäume gehören am Vortag zu Lichtmeß geschnitten, sonst werden sie nicht fruchtbar, Krapfen wurden gebacken und in den meisten kleinen Tälern schien zu diesem Zeitpunkt das erste Mal wieder die Sonne nach einem langen, dunklen Winter. Im ganzen Land werden bis heute Lichterprozessionen abgehalten und in früherer Zeit kam den dazu verwendeten Kerzen besondere Bedeutung zu. Das Wachs der Kerze stammt nämlich von den Bienen, welche dem Volksglauben nach eine Frucht jungferlicher Zeugung sei. Wenn die Kerze, welche bei der Prozession getragen wurde, verlosch, so bedeutete dies einen frühen Tod für den Träger. Die Kerzen sollten auch symbolisch das Böse und die Hexen verbrennen.
Weiters fällt Lichtmeß schon in die Faschingszeit und es markiert den eigentlichen Beginn der Fasnacht, bei der alle Dämonen des Winters ausgetrieben werden sollen. In allen Orten verkleiden sich die Leute als Hexen und Dämonen, welche dann bei einem Umzug aus dem Dorf getrieben werden (z.B. Wampeler, Matschgerer, Scheller, Roller, Bären mit Bärentreiber, Schleicher, Hansler, Goaßer, Muller, Flöckler, Klötzler, der´Bock´, Zottler...)
Beltane, also die Nacht vom 30.April auf den 1.Mai wurde ja zur unheimlichen Walpurgisnacht, in der sich die Hexen zu ihren Untrieben trafen. Und da man den Hexen an diesen Tagen die größte Macht nachsagte, unternahm man auch in Tirol alles um sich vor ihnen zu schützen, es wurden Feuer angezündet, geräuchert und gelärmt. Man stellte sogar die Sensen und Heugabeln mit den Spitzen nach oben auf, damit sich die Hexen stechen mögen.
Auch galt diese Nacht als eine Freinacht, in der die jungen Burschen den guten Mädchen geschmückte Fichtenbäumchen vor die Tür stellten, den bösen alten Weibern jedoch einen „Schandmai“. Die Burschen mußten auch den Maibaum in dieser Nacht fällen und aufstellen, je höher er war, umso besser. Nebenbei mußte noch darauf geachtet werden, daß nicht die Burschen aus dem Nachbardorf heimlich den Baum wieder fällten, denn das hätte den Verlust der Ehre zur Folge. Leider ist der Brauch des Maibaumsetzens im Großteil Europas verboten worden und auch in Tirol geht er langsam zurück in den städtischen Gegenden, trotzdem gibt es ihn noch. Der 1. Mai selbst ist ein Tag der Freude und wird mit Musik und Märkten gefeiert.
Am ersten August, Lugnasad, feiert man in Tirol Petri-Kettenfeier. Er gilt als Unglückstag, da Luzifer an diesem Tag aus dem Himmel geworfen wurde.Der August an sich wurde als „Ernting“ bezeichnet und mit Ertedankfesten gefeiert.
Man sieht, wie sehr das heidnische Brauchtum in Verbindung mit religiösen, christlichen Festen weiterbestanden hat, allerdings entwickelten sich dafür auch Aberglauben wie der Teufels- und Hexenwahn, der in Tirol, wie auch im Rest Europas ungeahnte Ausmaße erlangte.
Doch wie kam es zu diesen Vorstellungen vom „Bösen“?
In den heidnischen Religionen Europas (zB.Kelten....Widder-bzw.Hirschgestalt) spielte der gehörnte Gott eine große Rolle, wir finden in auch in der griechischen Mythologie- Dionysos, bei den Römern Bacchus genannt, trat oft in Stier- oder Bocksgestalt auf.
Um diese alte Vorstellung zu eliminieren, wurde er in der christlichen Religion zum Sinnbild der verführerischen, abgrundtief bösen Teufel. Man stellte sich diesen ebenfalls gehörnt und mit Bocksfüßen vor, und heute noch ist er beispielsweise in Tiroler Bräuchen zu finden als Krampus oder Perchten.
Man hatte auch die Vorstellung, daß Hexen mit dem Teufel im Bunde stünden, dies rührt wohl auch noch daher, daß die heidnischen Priesterinnen mit Priestern, welche als Gehörnter verkleidet waren, die Fruchtbarkeitsriten praktizierten.
In England wurde von König Knut (1017-1035) ein Gesetz erlassen, welches das Heidentum verbot, und auch in anderen europäischen Ländern wurden ähnliche Maßnahmen getroffen.
Die christliche Kirche stand nicht nur hinter solchen Gesetzen, sie förderte diese Maßnahmen, indem sie auf alten heidnische Kultplätzen Kirchen errichtete, heilige Haine umschneiden ließ und eine Volkshatz gegen Heiden führte. Auch transformierte sie heidnische Symbole - aus dem Maibaum wurde vielerorts das Kreuz und auf die heiligen Bäume nagelte man Heiligen- und Wallfahrtstafeln, und dort wo die Runen noch verbreitet waren, wurden sie endgültig verboten(z.B. Island 1639)
Ab dem 15. Jahrhundert steigerte sich der Hass gegen sogenannte Hexen soweit, daß Kopfgeld auf sie ausgesetzt wurde und zur Hexenjagd aufgerufen wurde. Papst Innozenz VIII fertigte 1484 eine Bulle mit dem Aufruf der Hexerei Schuldige zu züchtigen und gemäß den Vorschriften der Inquisition zu bestrafen. Nachdruck verliehen wurde diese Bulle noch vom
Malleus Maleficiarum, dem „Hexenhammer“ der Dominikanermönche Jakob Sprenger und Heinrich Kramer (1489). Somit breitete sich dieser Irrglaube auf ganz Europa aus und schätzungsweise bis zu mehrere hunderttausend arme Frauen mußten am Scheiterhaufen und aufgrund der unmenschlichen Folterungen ihr Leben lassen. Vielen dieser Frauen wurden rote Haare, Hautmale oder auch nur ein beleidigter Nachbar zum Verhängnis.
Frauen genossen in der strengen katholischen Kirche keinen sehr hohen Stellenwert, sie durften von Anfang an keine kirchlichen Ämter bekleiden und sie galten als sündig, da ja schon Eva Schuld daran hatte, daß der Mensch nicht im Paradies bleiben durfte, somit tragen alle Frauen Teilschuld am Bösen in der Welt. Auch sind sie nicht gleich widerständig wie der Mann, wenn der Teufel seine Verführungskünste ausspielt, daher verfallen sie auch leichter dem Hexentum und der Sünde. Damals im Mittelalter war die Kirche das Zentrum des gesellschaftlichen und politischen Alltags, sie konnte taufen und exkommunizieren, sich weigern Könige zu krönen und jedermann als Ketzer vor Gericht stellen, außerdem verfügte sie über große Ländereien und Schätze. Auch das Wissen wurde in kirchlichen Klosterschulen gehütet und demnach hatte die Kirche auch die größte Macht inne - die Bildung; solange das Volk dumm und unwissend ist, kann man es gut lenken.
4. Archetypische Figuren vom Märchen der Vergangenheit zu den Kinohits der Gegenwart
Um Einblick in die Rollenverteilungen der Geschlechter zu erhaschen, ist es möglicherweise nützlich, sich die übertriebenen, archetypischen Personen in den Märchen anzusehen. Dies setzt sich fort in den modernen Märchen, den Kino- und Fernsehfilmen der heutigen Zeit.
Dabei ist auffällig, daß sich im Prinzip nur die Medien geändert haben, die Vorstellungen von Helden, Prinzessinnen und Bösewichten jedoch nicht wirklich.
Welche Typen von Märchengestalten gibt es ?
Es war einmal ein armer Fischer (Bauer, Jäger,...), der hatte drei Söhne....der jüngste (oftmals auch ein Königssohn, der bei armen Zieheltern aufwuchs) davon, schmächtig im Wuchse ist nicht erbberechtigt; er zieht aus und gerät zufällig in eine Situation, die Heldenmut von ihm verlangt und Opferbereitschaft; er hat nichts zu verlieren, also geht er hin und stellt sich dem Drachen (Riesen, böse Hexe, böser Ritter, böser Wolf...) und tötet den Bedroher; dadurch erhält er Ruhm und Ehre, sowie die Hand der Königstochter, deren Königreich er gerettet hat.
Er wird daraufhin zum König ernannt und heiratet die Prinzessin, und wenn sie nicht gestorben sind, dann...
Märchen und Sagen, welche nach diesem Prinzip gestrickt sind, gibt es unzählige, z.B.: Sigurd, der Drachentöter; Artussage; Vom Viehhirten, der König wurde; Der heilende Vogel; Der Drachentöter und die drei Königstöchter; Die schönste Frau; Vom verwunschenen Prinzen; Die zwei Fischerbuben; Der Riesentöter; ...
Hier wird ein bisher verkannter Charakter zum Helden. Daß er zuvor arm war und schlecht behandelt wurde, macht ihn so sympatisch. Dasselbe Prinzip gibt es auch bei verwunschenen Prinzessinnen, welche durch ihre unverbrüchliche Gutherzigkeit und Bescheidenheit ihre königliche Würde wiedererhalten z.B.: Aschenputtel, Die verwunschene Prinzenbraut, Die Schwester der Raben; Rumpelstilzchen; Frau Holle; Schneewittchen und die 7 Zwerge;...
Aber es gibt ja auch noch genug Übeltäter und Bösewichte, welche in den Märchen vorkommen, beispielsweise die bösen Hexen, welche den Prinz/die Prinzessin verfluchen,
den Eitlen, dessen Hochmut ihn zu Fall bringt oder die Neidische, deren Habgier sie häßlich macht und straft. Dies sind nur einige der typischen Figuren, denn neben menschlichen Bösen, gibt es ja noch Drachen und Riesen, Bären und Wölfe, welche den Frieden der Guten bedrohen.
Zwischen Gut und Böse gibt es dann noch die Wissenden, welche nicht den Heldenruhm ernten, ihnen gebührt eine andere Funktion: sie müssen aus dem unwissenden, tollpatschigen Bauernbuben einen strahlenden Helden machen und aus Mauerblümchen anmutige Prinzessinnen, z.B.: Merlin, der aus Artus einen König machte; alte, weise Frauen und Männer; die Fee, die aus Aschenputtel eine Prinzessin macht, Frau Holle; Regin, der Sigurd unterwieß;...
Werfen wir nun einen Blick in die Gegenwart, in der es andere Medien braucht und mehr ´Action´ um den Menschen Märchen näherzubringen. Eine ganze Fülle von Actionheros kämpft heute den ewigen Kampf gegen das Böse und steht als Symbol für das Gute; auch sie sind meist aus armer Familie und hatten ein Schlüsselerlebnis, nach dem sie unter Anleitung eines Weisen ihren Gegnern entgegenzutreten lernen, z.B.: Rocky, der furchtlose amerikanische Boxer, der dem amerikanischen Traum entsprechend, sich von einer armen italienischen Einwandererfamilie hochboxt zum Wahrer amerikanischen Heldentums- er bekämpft böse russische Schlächter im Ring; dasselbe gilt für Karate-Kid und Universal Soldier, wie auch für hunderte andere Filme dieser Art. Dasselbe Prinzip, mit etwas mehr ´Fantasy´und ´Science-Fiction´-Aspekten, z.B.: StarWars, der Highlander, Conan-der Barbar,
Mortal Combat, MadMax-der Befreier, Beastmaster, ...-diese Liste ließe sich endlos fortsetzen. Meist müssen unsere Helden von heute auch noch einer armen alleinstehenden Frau aus der Bedrängnis helfen und sie beschützen, nur bekommen sie im Unterschied zu früher kein Königreich mehr geschenkt. Die Zeiten, in denen Frauen noch Reichtum beschert war, sind offenbar vorbei- die Frau ist stets mittellos, denn hätte sie Mittel, wäre sie keine Beschützenswerte mehr (Daddy kauft ihr dann Bodyguards und sie selbst ist ein frustriertes reiches Mädchen), außerdem: wenn die Frau reich wäre, bräuchte der Held sich ja keinen Status mehr erarbeiten, Männer wollen sich durch ihre Heldentaten das Recht auf Wohlstand mit eigenen Fäusten erarbeitet wissen, die Frau muß versorgt werden durch sie; es geht nicht an, daß sie durch eine Frau zu Reichtümern und Königreichen gelangen.(...natürlich gibt es auch die Männer, die reiche Witwen verführen, doch die sind meist die Bösen...)
Woher kommt diese Tatsache? Wieso ist es für heutige Helden ein Hohn, wenn sie durch die Errettung einer Maid zu Reichtum kommen?
Hat dies zu tun mit der gewachsenen, bürgerlichen Struktur, daß der Mann als Herr des Hauses und Geldbringer seine Familie allein zu versorgen hat, während die Frau eine häusliche Repräsentationsfigur darstellt (z.B. im Biedermeier)?
Sicher, die Königstochter tritt natürlich angesichts ihres angeheirateten, heldenhaften Gemahls in den Schatten, doch ist es offensichtlich ein Zeichen dafür, daß sie in der Erbfolge zumindest einen Stellenwert hat. Aber gut, das betrifft das Märchen, denn in der Realität war den Herrschern ein männlicher Stammhalter schon lieber; allerdings gab es auch Königinnen, wie z.B.: Maria Stuart, Maria Theresia, Vikoria, etc.
Diese großen Frauen der Geschichte waren trotz ihrem Ersatzbankstatus, weil kein männlicher Nachfolger existent bzw.geeignet war, fähige Staatsmänninnen. Wieso also haben solche Charaktere in den modernen Märchen keinen Platz mehr?
Es gibt zwar nun immer öfter Filme, in denen Karrierefrauen dargestellt werden, allerdings sind diese dann meist keine schönen Prinzessinnen.
Jetzt, zum Ende des zweiten Jahrtausends n.Chr. ist es offensichtlich immer noch spürbar, daß Frauen im Laufe der vergangenen Jahrhunderte, gar Jahrtausende immer wieder einer Rollentransformation unterlagen. Zuerst waren sie Symbol der fruchtbaren Mutter Erde und wurden auf Höhlenwänden und als Skulpturen für die Ewigkeit festgehalten.
Sie verloren ihren Glanz als die männlichen Götter aus dem Schatten traten und die Menschenmänner ihren Anspruch auf den Zeugungsakt erhoben, trotz alledem durften sie in einigen heidnischen Kulten immer noch als Priesterinnen ihrer großen Göttin fungieren.
Erst als die Kirche Europa eroberte, mußten sie endgültig aus dem religiösen Leben weichen und mußten ihre Unreinheit zu Hause hinterm Herd oder hinter dicken Klostermauern verstecken. Taten sie dies nicht und wagten gar ohne Mann zu leben, weil sie sich weigerten
einen zu heiraten oder weil ihr Angetrauter das Zeitliche segnete, so standen ihre Chancen gleich höher als Hexe auf dem Scheiterhaufen zu landen. Viele dieser sogenannten Hexen waren sicher nicht einmal Heidinnen, welche noch dem alten Kult nachhingen; nein, es reichte, wie schon erwähnt, oft ein Pigmentfleck oder andere Schönheitsfehler aus um verurteilt zu werden (man denke, an die oft praktizierte Wasserprobe - man fesselte die Frau an einen Stein und warf sie ins Wasser, ging sie unter, war sie nichtschuldig, wenn sie nicht unterging, drohte ihr noch Schlimmeres). Frauen, die nicht als Hexen galten, hatten es manchmal jedoch um nichts leichter; damals gab es so gut wie kein Gesetz gegen häusliche Gewalt ( nun gibt es sie zwar, aber die Frauen trauen sich nicht sie anzuwenden Bzw. sind einige der Regelungen, wie z.B.das Hinausweiserecht in den meisten Fällen lächerlich), und ebendiese Züchtigungsmaßnahmen waren in den Bauern- wie auch in den Fürstenhäusern legitim und galten als nicht verwerflich.
Mit dem Aufkommen des Bürgertums verbesserte sich im Prinzip nichts für die Frauen; der Mann hatte die Aufgabe der Familienoberhauptes und des Ernährers, während die Frau den Haushalt zu organisieren hatte. Für eine Dame edleren Standes war es auch nicht üblich ohne Begleiter auf die Straße zu gehen, es geziemte sich auch nicht sich in Männergespräche einzumischen, Frauen hatten in Gesellschaft unter sich zu sein und wurden nur zu Repräsentationszwecken (z.B. als Tischbegleitung)ausgeführt.Sie durften zwar offziell Bildung bekommen, doch diese war auch wiederum auf ´Frauen´-Dinge beschränkt, wie z.B. Nähen, Lesen und Schreiben, sowie Haushaltsführung.
Mit dem Bürgertum gab es nun wieder diese Spaltung in Stände, wie es sich schon zuvor gegeben hatte (Adel, Kirche-Freie Bauern und Handwerker, Leibeigene Bauern, Gesinde...und im Altertum Sklaven, welche dann auch in den Kolonialisationszeiten wieder populär wurden)
Die Armen waren dann Arbeiter, und Arbeiterfrauen hatten es auch nicht besser - sie durften zwar außer Haus, jedoch um in Fabriken für einen Hungerlohn (geringer als der, den die ohnehin schon schlechtbezahlten Männer bekamen)zu arbeiten. Wie man sieht, zieht sich diese Schlechterstellung durch alle Schichten - bis heute.
Erst in diesem Jahrhundert begannen die Frauen gegen diese Rollenverteilung anzukämpfen, findige Frauen eroberten die Bildungsstätten, in denen der Schlüssel zum Wissen liegt, denn nur dadurch haben sie ein Werkzeug um für eine Gleichstellung zu kämpfen. Die Frauen holten sich ein Recht nach dem anderen wieder zurück, wie beispielsweise das Wahlrecht, das es vor Jahrtausenden insofern für die Frauen noch gab, als sie noch Mitspracherecht in Stammesangelegenheiten hatten bzw. religiöse Ämter bekleiden durften. Als eine der letzten uneroberten Bastionen steht nun noch die katholische Kirche dar. Wann wird sie fallen?
Ihr Recht haben die Frauen nun vor dem Gesetz, nur hat ein Teil unserer Helden das offenbar noch nicht akzeptiert. Viele Männer können es offenbar nicht mit sich vereinbaren, eine Frau als gleichgestellt zu betrachten, daher flammt immer wieder die Diskussion auf, daß die Gesetze offenbar nicht dem realen Alltag entsprechen. Aber allzu lange wird es hoffentlich nicht mehr dauern bis auch die letzten Differenzen aus dem Weg geräumt sind.
Literaturliste
Ich habe absichtlich auf Fußnoten verzichtet um hier noch die verwendete Literatur anzufügen, welche mir im engeren, sowie im weiteren Sinne bei dieser schriftlichen Arbeit als Quelle gedient hat.
Literatur, eng mit der Arbeit verbunden:
Ahrendt-Schulte Ingrid, Weise Frauen-Böse Weiber, Verlag Herder, Freiburg i. Br. 1994
Ashley Leonard R.N., Die Welt der Magie, Gustav Lübbe Verlag GmbH, BergischGladbach 1986
Atkinson Ray, Hexenwahn und Hexenprozesse, Eden-Verlag, Berlin, o.J
Burkert Walter, Kulte des Altertums, C.H.Beck´sche Verlagsbuchhandlung, München 1998
Duncliff Barry, Die Kelten, 6.Auflage, Gustav Lübbe Verlag GmbH, BergischGladbach 1996
Eigl Kurt, Deutsche Götter- und Heldensagen, Verag Kremayr&Scheriau, Wien 1953
Fries Jan, Helrunar, Ed. Ananael, Bad Ischl 1997
Gassner Jutta, Phallos-Fruchtbarkeitssymbol oder Abwehrzauber?, Böhlau Verlag GmbH, Wien-Köln-Weimar 1993
Gottschalk Herbert, Lexikon der Mythologie der europäischen Völker, Safari-Verlag,
Berlin 1973
Haider Friedrich, Tiroler Brauch im Jahreslauf, 3. Auflage, Tyrolia Innsbruck-Wien, Athesia-Verlag Bozen, 1990
Haiding Karl, Österreichs Märchenschatz, Verlag Kremayr&Scheriau, Wien 1980
Radegeis Harry, Runen im Leben der Völker, Verlag Michael Damböck, Ardagger 1995
weiters:
Heinz Sabine, Symbole der Kelten, Schirner Verlag, Darmstadt 1997
Heres Hedi, Von Hexen und Druden, Rosenheimer Verlagshaus GmbH&Co.KG., Rosenheim 1995
Hundseder Franziska, Wotans Jünger-Neuheidnische Gruppen zwischen Esoterik und Rechtradikalismus, Willhelm Heyne Verlag GmbH&Co.KG., München 1998
Logan F.Donald, Die Wikinger in der Geschichte, Stuttgart, 1987
John und Caítlin Matthews, Lexikon der keltischen Mythologie, Willhelm Heine Verag GmbH&Co.KG., München 1995
zu Mondfeld Wolfram, Wiking-Fahrt I, Koehlers Veragsgesellschaft, Herford 1986
Rathmayr Bernhard, Geschichte der Liebe, Skriptum zur Vorlesung, Institut für Erziehungswissenschaften, Innsbruck 1998/99